MALTE WOYDT

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024) deutsche Touristen im Ausland?

Warum sind deutsche Touristen im Ausland so unbeliebt? Sind wir wirklich lauter, dreckiger, anmaßender, raumgreifender, unverschämter, intoleranter und anpassungsunwilliger als andere oder fallen wir nur mehr auf als die anderen, weil wir die einzige große Nation sind, die massenhaft das Ausland bereist (Franzosen, Italiener, Spanier machen Urlaub zu Hause, Engländer, Russen, Ukrainer und Polen können sich keine Auslandsreisen leisten, die anderen sind zu wenige, um mit ihrer Masse Eindruck zu hinterlassen)? Vielleicht ist es auch so, daß ein unhöflicher, anmaßender Flame für einen Deutschen und ein freundlicher Deutscher für einen Dänen gehalten wird, die Stereotypen sich also selbst verstärken?

01/10/1999 (22:48) Schlagworte: DE,Fragen ::

5 Responses to “024) deutsche Touristen im Ausland?”

  1. ali Says:

    Wo viel Masse und wenig Klasse hinkommt, ist so etwas unumgänglich. Warum sollten deutsche Touristen eine Ausnahme bilden? Vielleicht sind sie eine Spur auffälliger als manche andere Gruppe, aber sooo sehr auch wieder nicht.

  2. robert Says:

    [Hierzu] würde ich – als Österreicher – gerne bei ein paar Bierchen darüber sprechen.

  3. markus Says:

    falls ich dazu als Österreicher überhaupt was sagen kann: (a) weil sie versuchen, die eigene Tüchtigkeit (die ich den Deutschen gar nicht abspreche) zu exportieren – ob die Leute wollen oder nicht, (b) weil sie von allen erwarten Deutsch zu sprechen (aber in Summe sind sie nicht viel schlimmer als Wiener oder Amerikaner …)

  4. andreas Says:

    Bis 1806 gab es ca. 300 unabhängige Fürsten in dem Gebiet was wir heute Deutschland nennen. Dadurch sind wir provinziell-ungeschiffen geprägt. EINEN Kaiser der mit seiner aristokratischen und höfischen Kultur das GANZE Land als Vorbild diente, gab es zwar schon, nur hatte dieser nichts zu sagen. Da in Deutschland der Hof und die hauptstädtische Society (bis 1871) gefehlt haben, die anderswo (im Prinzip in allen anderen Staaten Europas) die Umgangsformen, die Geselligkeit und die Manieren geprägt haben, fallen wir im Ausland deshalb auf. Der letzte deutsche Kaiser Wilhelm II. hat den Kasernenton in die deutschen Amtsstuben gebracht. Das grobianisch-machistische kam deshalb dazu. Die Nazis fügten etwas Dämonisches hinzu.

    Da in unserer deutschen Sprache eine Warmherzigkeit und in unserem Auftreten die Höflichkeit nur unterentwickelt sind, sind wir im Ausland unbeliebt. Das Anstellen in einer Schlange funktioniert bei uns nicht, weder beim Bäcker noch an der Bushaltestelle. In Frankreich ist es nicht unüblich wenn ich beim Betreten einer Bäckerei “Mesdames, Messieurs” sage. Der Gruß wird dort bestimmt erwidert. Von deutschen Touristen wird berichtet, dass sie im Urlaub mit ihren Handtücher die Liegen früh morgens besetzen. Für den aristokratisch geprägten englischen Gentleman ein unhöflicher Akt. In Wien sind höfische Umgangsformen noch heute in der Sprache erhalten.

    Würden wir also im Umgang mit Ausländern (im In- und Ausland) unsere Liebenswürdigkeit im Verhalten bis zu dem Punkt erhöhen, bis wir es selbst für maßlos übertrieben halten, wäre es für unsere Gesprächspartner erst normal.

  5. malte Says:

    Vielen Dank. Im historischen Argument erkenne ich Madame de Staël wieder, habe dabei aber Bedenken. Die Iren hatten auch keinen Hof und haben ihre Gesellschaft erst 1921 begonnen aufzubauen, werden aber anders gesehen als wir. Und die Geschichte mit dem Schlangestehen kann ich ganz und gar nicht teilen: Ich war mal mit einem Sprachreise in England; als wir deutsche Schülergruppe in einem Pulk hinter ein par Engländern an der Bushaltestelle standen, bildeten sich zwei Schlangen Engländer hinter uns, die jeweils die andere Schlange nicht gesehen hatten. Und als nun die Deutschen zivilisiert und sich jeweils gegenseitig den Vortritt lassend in den Bus eingestiegen waren, trafen die beiden Schlangen Engländer an der Tür ein, und zankten sich daß die Balken bogen. Fazit: Engländer stehen in der Schlange, weil sie sich ohne Schlange nicht einigen können. Deutsche merken sich, wer vor ihnen im Laden war und lassen ihnen den Vortritt. Dafür brauchen sie keine Schlange. Und das mit der Begrüßung im Laden ist meines Erachtens eher ein Stadt-Land-Unterschied. In Brüssel (Belgien) wird man jedenfalls erstaunt angestarrt, wenn man allen einen guten Tag wünscht, was im selben Land in einem Dorf normal wäre… Bei Handtüchern (und Sandburgen) gebe ich Dir dagegen vollkommen Recht: das ist eine der unangenehmsten Marotten der Deutschen.