MALTE WOYDT

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Rechte 2

“Wenn man derart nach rechts tendiert, dass man die Erde, die ja eine Scheibe ist, um 90 Grad neigen müsste, damit die nach rechts Gekippten wieder aufrechte Nazis sind, wird man mit dem Leben und der darin verborgenen Schönheit immer fremdeln.”

aus: Mely Kiyak: Vorhang auf, Vorhang auf! Zeit Online, 22.3.22, im Internet.

01/24

 

07/01/2024 (1:59) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Armut 2

“Das Gegenteil von Armut ist nicht Reichtum sondern Gerechtigkeit.”

aus: Bryan Stevenson, zitiert bei: Mely Kiyak: Vorhang auf, Vorhang auf! Zeit Online, 22.3.22, im Internet.

01/24

07/01/2024 (1:56) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Leitkultur

“Du kannst sechs Millionen Juden in den Ofen schaufeln und dir anschließend beim Abendessen die Mundwinkel mit der Stoffserviette abtupfen. Heinrich Himmler hat das natürlich viel schöner gesagt als ich. ‘Angesichts der Härte der Morde’ sei die SS ‘stets anständig’ geblieben und habe ihre schwerste Aufgabe immer ‘in Liebe zu ihrem Volk erfüllt, ohne seelischen und charakterlichen Schaden genommen zu haben’. Das ist es doch, oder? Trotz Konzentrationslagern und millionenfachem Mord ein Mensch zu bleiben. Nie wurde die deutsche Leitkultur so präzise beschrieben wie hier. Beate Zschäpe hatte ein rosafarbenes Brillenetui, sie hatte Miezekätzchen und ein paar Pfunde zu viel auf den Hüften, die sie mit etwas Frühsport auf Fehmarn in den Griff zu bekommen versuchte. …

Ist Ihnen, liebes Publikum, schon einmal aufgefallen, dass über die Anzündungskultur nie geredet wird? Über die Brandstiftungskultur? Das kommt alles noch von der Rassentheoriekultur. Von der Vergasungs- und Vergessenskultur bei gleichzeitiger Gedenkkultur mit anschließender Denkmalerrichtungskultur. Dann die Nie-wieder-Parolenkultur. …”

aus: Mely Kiyak: Vorhang auf, Vorhang auf! Zeit Online, 22.3.22, im Internet.

Abb.: Silke Wagner: Bürgersteig, 2001-2002, im Internet.

01/24

 

07/01/2024 (1:51) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Haß 2

“Man kann Menschen hassen, Regierungen, Situationen. Aber Länder und Nationen? Völker? Das sind Denkmuster von Nationalisten. Ich finde, wenn jemand ein Land hasst, dann stimmt was nicht mit ihm. Und wenn er einem anderen vorwirft, dass er das Land hassen würde, stimmt schon tausendmal was nicht mit ihm.”

aus: Mely Kiyak: Vorhang auf, Vorhang auf! Zeit Online, 22.3.22, im Internet.

01/24

07/01/2024 (1:46) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Leben 4

“Sieht man doch, daß die große Mehrzahl der Menschen aus Liebe zum Leben viel Ungemach zu ertragen bereit ist, so daß doch wohl in demselben schon ein gewisses Glück und eine natürliche Süßigkeit liegen muß.”

aus: Aristoteles: Politik, Drittes Buch, 6. Abschnitt. Hier: Reinbek: Rowohlt 1994:140, ursprünglich rund 322 v. Chr.

01/24

07/01/2024 (1:06) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Intelligenz

“Es sollt’ ein jeder, den mit Einsicht die Natur
Gesegnet, sorgen, daß ihm seine Kinder nicht
Zu klug geraten. Müßiggänger heißen sie,
Und dieser Rüge folgt Mißgunst auf dem Fuß.
Denn wer mit neuer Wahrheit vor die Blöden tritt,
Gilt nur für unbequem und nicht als Wissender;
Und hält er sich für mehr gar als die wenigen,
Die sich vollkommen dünken, ist’s um ihn geschehn.
Ich weiß von all dem durch mein eigenes Geschick.
Da ich gewandt bin, weck’ ich bei den einen Neid,
Bei andern Haß; und doch, was ist all meine Kunst!”

aus: Medea, in Euripides: Medea, in: ders.: Tragödien und Fragmente, Wiesbaden: Dieterich 1949, S.73.

12/23

07/12/2023 (14:25) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

“globaler Süden”

“Mit welchem Recht lehnt man Wladimir Putins Nichtanerkennung der Ukraine ab, hält aber die Nichtanerkennung Israels durch die BDS-Aktivisten und andere Akteure aus dem ‘globalen Süden’ für akzeptabel?

Weil Israel ein jüdischer Staat ist? …

Nein, natürlich nicht, kommt die empörte Antwort, sondern weil wir mit dem ‘globalen Süden’ solidarisch sein wollen. Doch merkwürdigerweise wird mit dem ‘globalen Süden’ nie jener Teil der Welt gemeint, der gute Beziehungen zu Israel unterhält: Ganz Lateinamerika etwa, außer Venezuela und Kuba; ein Großteil der Länder Afrikas inklusive der islamischen Staaten Marokko, Sudan und Ägypten; die volkreichsten Staaten der Erde Indien und China; die Staaten Indochinas, Süd-Korea, Japan und viele andere.

Der ‘globale Süden’ ist ein ideologischer Begriff, der selbsternannte Vertreter jener Länder und Völker meint, die von linkem Kongress zu linkem Kongress oder wie die indonesische Gruppe ruangrupa, die zurzeit die Documenta – selbstverständlich ohne israelische Künstlerinnen – kuratiert, von Kunstschau zu Kunstschau jetten und aus dem schlechten Gewissen der Privilegierten ein Geschäft machen.

Mit der realen Welt hat der imaginierte ‘globale Süden’ so viel zu tun wie Israel mit einem kolonialen Apartheidstaat, nämlich nichts. Gewiss, es gibt die ‘untere Milliarde’, wie der britische Ökonom Paul Collier die von der gewaltigen Aufwärtsentwicklung der früheren ‘Dritten Welt‘ in den letzten 50 Jahren abgehängten Menschen in Staaten wie der Demokratischen Republik Kongo nennt. Doch diejenigen, die sich als Vertreter des ‘globalen Südens’ ausgeben und denen zuliebe wir unsere Werte, Erfahrungen und Normen ‘kritisch zur Disposition stellen’ sollen, haben keine Vorschläge anzubieten, wie diesen Menschen zu helfen wäre.

Keine.

Denn das Problem ist nicht etwa, dass unser Reichtum von der Armut dieser Menschen bedingt wäre. Das Problem ist, dass unser Reichtum völlig unabhängig von ihnen im Handel etwa mit Ländern wie China, Korea, Vietnam, Indien oder Bangladesch generiert wird, die nicht zuletzt durch den Welthandel einen Weg aus der Armut gefunden haben. Schon gar nicht aber ist das Problem der ‘unteren Milliarde’ der jüdische Staat mit seinen 6 Millionen Juden; schon gar nicht werden von den Juden in Israel, wie etwa Mbembe behauptet, die Techniken entwickelt, die bald überall im imaginierten globalen Süden zur Unterdrückung des Widerstands angewendet werden.

Wenn es eine Ideologie gibt, die der Emanzipation der unteren Milliarde im Wege steht, dann ist es die Ideologie des Antizionismus, so wie der Antisemitismus in den 1920er und 1930er Jahren der Emanzipation der Arbeiterklasse im Weg stand. Auch deshalb muss sie zusammen mit dem Postkolonialismus endlich kritisiert statt hofiert werden.”

aus: Alan Posener: Besteht der ‘globale Süden’ nur aus Judenhassern?, starke meinungen de, 18.6.22, im Internet.

Abb.: Dubai, im Internet.

12/23

05/12/2023 (19:43) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Naturrecht

“Das Naturrecht ist der mittelalterlich-scholastische Versuch, christliche Vorstellungen, die man der Natur zuvor unterschoben hat, aus der Natur abzuleiten. Charles Darwin hat mit dem Mumpitz aufgeräumt. Kein Konservativer kann sich mit gutem Gewissen darauf berufen.”

aus: Alan Posener: Es ist nicht konservativ, sich auf Gott zu berufen, starke meinungen de, 20.06.23, im Internet.

Abb.: Amy Swartz: Pest, 2011, Detail, im Internet.

12/23

05/12/2023 (19:02) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

umstritten

“… Rödder jedoch glaubt, die Bezeichnung ‘umstritten’ ehre jeden „unabhängigen Kopf“. Ein 68er-Irrtum. Denn jede demokratische Selbstvergewisserung beginnt mit der Festlegung von Grundsätzen, die unumstritten sind, wie es in der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung heißt: ‘We hold these truths to be self-evident …’

Wer diese Wahrheiten – dass alle Menschen das gleiche Recht auf Leben, Freiheit und Glück haben, dass Regierungen diese Rechte zu garantieren haben usw. – nicht teilt, mag umstritten sein, aber das ist dann kein Ehrentitel. Umstritten sind ja auch Putin-Freunde und Relativierer des DDR- Unrechts. Von Impfgegnern und Leugnern des Klimawandels, Islamfeinden und Israelhassern ganz zu schweigen. Alle halten sich für ‘unabhängige Köpfe’, sind aber nur Gefolgsleute irgendeines Alternativ-Mainstreams. …”

aus: Alan Posener: Andreas Rödder und die Nazikeule, starke meinungen de, 16.07.23, im Internet.

12/23

05/12/2023 (18:56) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Babyboomer

“Manche Babyboomer pflegen einen selbstzufriedenen Rückblick auf ihre Jugend. Hach, waren wir rebellisch! Hach, was hatten wir für tolle Musik! Ach, wie traurig muss es sein, heute jung zu sein, mit der ganzen Angst vor Klimawandel, Krieg, KI und so weiter. Ich aber würde sofort tauschen.

Um mit der Musik zu beginnen: Abgesehen davon, dass die tolle Musik der Beatles und Stones, Kinks, Who, Dylan, Byrds usw. usf., von den schwarzen Bluesern ganz zu schweigen, in Europa kaum irgendwo zu hören war – in Großbritannien auf Radio Luxemburg und so genannten Piratensendern in der Nordsee, bei uns in West-Deutschland auch auf Radio Luxemburg, wenn man ein FM-Radio hatte und lange genug aufblieb, und sonst nur dort, wo man die Soldatensender AFN oder BFN hören konnte, und auch da nur zu bestimmten Tageszeiten – und dass man ungeheuer viel Mist von Peter Alexander oder Engelbert Humperdinck über sich ergehen lassen musste, bis man in irgendeiner Schlager- oder Hitparadensendung endlich etwas Vernünftiges hören konnte; abgesehen also davon, dass wir die Musik ja eben nicht ‘hatten’: Die wirklich tolle Musik war ja auch deshalb so toll, weil sie Protest war gegen die Zeiten, die so finster waren. …

Der Rock’n’Roll hatte zwar den Einbruch des Lustprinzips in die formierte Gesellschaft angekündigt, aber das angeschlagene Leistungs– und Konsumprinzip hatte sich gefangen, hatte aus Rock-Rebellen Familienväter, aus der Revolte einen Stil gemacht, was, wie George Melly feststellt, die Grundfunktion des Jugendprotests in der Marktwirtschaft ist. Aber das wussten wir ebenso wenig wie es heute die Leute von ‘Fridays For Future’ usw. ahnen.

Der Kalte Krieg tat ein Übriges, um die Aufsässigkeit im Zaum zu halten. Elvis ging in die Armee; und als ich mir sieben Jahre später aus Begeisterung für die Beatles die Haare über die Ohren wachsen ließ, wurde ich nicht nur von den älteren Jungen meines deutschen Internats mit Scheren gejagt, sondern musste mir vom sozialdemokratischen Rektor dieser Reformschule eine Predigt anhören, der zufolge die Kommunisten nur auf solche Zeichen der Dekadenz warteten, um uns einzusacken. …

Aber ich schweife ab. Man sagt, in den 1960ern habe eine sexuelle Revolution stattgefunden; aber die Revolution war nur deshalb nötig, weil die sexuellen Zustände so repressiv waren. … Und für Frauen und Mädchen hundertmal repressiver als für Jungen und Männer. Später haben die Pille und der Minirock, kurzum die Leistungs- und Konsumgesellschaft, dem Lustprinzip Geltung verschafft; aber es war für junge Mädchen in den 1960er Jahren fast unmöglich, an die Pille heranzukommen. Weder Jungen noch Mädchen wussten genau, wie Sexualität funktioniert, und das Ganze war so mit Angst vor Schwangerschaft und Entdeckung, mit Tabus und Ekel, Mythen und Lügen besetzt, dass es eigentlich ein Wunder ist, dass wir nicht alle noch viel verklemmter waren und sind.

Und eben kein Wunder, dass ein Song, in dem es immer wieder hechelnd heißt, ich versuche, versuche, versuche, aber ich kriege keine Befriedigung, zum Schlachtruf – oder zum orgiastischen Sammelruf – einer ganzen Generation wurde. …

Und verstanden doch den Song falsch. Denn allenfalls in der dritten Strophe geht es um die sexuelle Befriedigung. … Jagger sagt aber auch irgendwo, das Thema des Songs sei gar nicht der Sex, sondern die ‘Entfremdung’. Und da hat er natürlich, wie meistens, Recht.

Denn in der ersten Strophe geht es um ‘nutzlose Information‘ im Radio, deren Zweck nur darin bestehe, ‘meine Fantasie zu befeuern’; und in der zweiten um die Fernsehwerbung … Es geht also um das, was Theodor Adorno die ‘Bewusstseinsindustrie’ nannte, um die Manipulation unserer Bedürfnisse durch die Medien. … Es geht, der dritten Strophe zum Trotz, nicht um die Unmöglichkeit, Sex zu haben, sondern um die existenzielle Unmöglichkeit, in der Konsumgesellschaft wirkliche Befriedigung zu finden.”

aus: Alan Posener: Das Jagger-Richards-Songbuch (13): Satisfaction, starke meinungen de, 21.9.23, im Internet.

12/23

05/12/2023 (18:34) Schlagworte: DE,Lesebuch ::
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