MALTE WOYDT

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Kleinbürger 2

“Als sie Kinder waren,
besaßen sie sich und sonst nichts.
Dann verkauften sie sich,
um zu besitzen:
Nahrung und Nachkommen,
ein angenehmes Leben und ein Vaterland.
Sie erstanden das Recht,
ihre Kraft zu vergeuden für einen Broterwerb,
ihre Zeit zu vergeuden für einen Schrebergarten,
ihre Einfalt zu vergeuden für eine Meinung,
ihr Leben zu vergeuden für ein Ansehen.

Ihr Broterwerb blieb ungenügend.
Ihr Schrebergarten verschandelte die Erde.
Ihre Meinung beleidigte die Nachkommen.
Ein Ansehen erreichten sie nie.

Als sie starben, starben sie häßlich,
linkisch, unbedeutend und unbefriedigt.
Für ein fröhliches Aus-der-Welt-Gehen
besaßen sie nichts.
Alles, was sie besessen hatten, als sie gekommen waren,
hatten sie aufgebraucht bei Ihren Bemühungen
um den Besitz.”

Heinz Kahlau: An Kleinbürgergräbern. In: Wagenbach, Klaus (Hg.): Lesebuch. Deutsche Literatur zwischen 1945 und 1959. Berlin: Wagenbach, S.147/148.

Abb.: Edward Hopper: High Noon, 1949, hier Wikimedia im Internet.

04/08

06/05/2008 (12:40) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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