MALTE WOYDT

HOME:    PRIVATHOME:    LESE- UND NOTIZBUCH

ANGE
BOTE
BEL
GIEN
ÜBER
MICH
FRA
GEN
LESE
BUCH
GALE
RIE
PAM
PHLETE
SCHAER
BEEK
GENEA
LOGIE

Autofahrer

(FR)

 

“Rad- und Autofahrer: Warum soviel gegenseitiges Unverständnis?

… Autofahrer folgen … präzisen unausgesprochenen Regeln, die nur für sie gelten. Diese Regeln sind nicht mit der “offiziellen” Straßenverkehrsordnung zu verwechseln, teils ergänzen sie diese, teils stehen sie im Widerspruch zu derselben. Viele Mißverstände rühren daher, daß Autofahrer vergessen, daß sich diese Regeln in keiner Weise auf Radfahrer übertragen lassen.

Das beste Beispiel ist wohl die unausgesprochene Regel “Respekt für die Warteschlange”. Ein Autofahrer bewegt sich in der Stadt von Warteschlange zu Warteschlange… insbesondere im Berufsverkehr, der heutzutage den größten Teil des Tages in Beschlag nimmt. Meistens steht der Autofahrer in der Schlange, ohne zu wissen, warum, außer daß er durch das Auto vor ihm blockiert ist. Sobald es möglich ist, gibt er wieder Gas, um sich so gut wie möglich in der nächsten Warteschlange zu positionieren. Schon ein Platz weiter vorne kann ihm eine Rotphase ersparen oder sogar zwei, wenn die Kreuzung ganz verstopft ist wie so oft.

Und sie haben gute Gründe so zu denken: Autofahrer finden, sie haben das Recht, ihren Platz in der Warteschlange zu behalten, selbst mitten auf der Kreuzung. Dafür muß man Autofahrer, die aus anderen Richtungen kommen, daran hindern, vor einem in eine Lücke zu stoßen. Das Recht, seinen Platz in der Warteschlange zu behalten, kommt also vor allen Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung, da es einem (de facto) erlaubt, eine Kreuzung zu blockieren, ohne daß das die anderen Autofahrer aufregt. Im Gegenteil, wenn sich ein Autofahrer weigert, auf eine besetzte Kreuzung zu fahren, hupt man ihn (zumindest) aus. Meistens sind Autofahrer erleichtert, wenn vor ihnen jemand bei Rot über die Kreuzung fährt, da sie dadurch einen Platz aufrücken. (Aber ein Radfahrer, der bei Rot fährt, macht keinen Platz frei, der ist ein mieser Egoist!). Kurz, Autofahrer sind ständig damit beschäftigt, ihren Platz in der Schlange behalten zu wollen, darüber wird nicht viel nachgedacht. Autofahrer beachten diese Regel selbst auf der Autobahn, wo sie vollkommen ineffizient ist und gefährlich für sie selber und die anderen.

In diesem Zusammenhang wird klar, daß Radfahrer Provokateure sind, da sie die Warteschlange nicht respektieren, ein Otto-Normalautofahrer weiß nicht, daß die Straßenverkehrsordnung Radfahrern erlaubt, an wartenden Autos vorbeizufahren. Aber, eines ist sicher, er findet dieses Verhalten völlig inakzeptabel! Radfahrer werden nicht durch die skrupulöse Einhaltung der offiziellen Straßenverkehrsordnung aufhören, als Anarchisten angesehen zu werden …”

aus: Quentin Wibaut: Cyclistes vs. automobilistes : pouquoi tant d’incompréhension? In: Ville à Vélo 144, Bruxelles, Sept./Oct. 2009, S.12; Übersetzung Malte Woydt.

Abb.: Brandalism, 2020?, im Internet.

09/09

13/02/2014 (0:57) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Comments are closed.