MALTE WOYDT

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Responsibilisation

“… states took over the monopoly of legitimate violence, political power and therefore also responsibility. Delegating responsibility to civil society whilst maintaining power in the state and even in the economy therefore seems to be a process of taking away responsibility from those in power and giving responsibility to those without power, who would thus become responsible for their own underdevelopment …

If the goal is more or less imposed, and the different parties’ responsibilities take the form of being co-opted into a system that cannot be questioned, the transfer of responsibilities can be seen quite simply as a good excuse to … lessen the responsibilities of those who dominate the system. …

Bonnie Campbell makes clear ‘… that the notions of ’empowerment’ used by the World Bank in the 1980s and ‘participation’ in the 1990s do not arise from a concern for real participation but are connected rather with a concept of ‘populist manageralism’.'”

aus: Christoph Eberhard: Responsibility in France. A juridical approach in the face of the complexity of the world. In: Sizoo, Eidth (ed.): Responsibility and cultures of the world. Bruxelles u.a.: P.I.E. Peter Lang, S.126/127.

02/18

25/02/2018 (20:22) Schlagworte: EN,Lesebuch ::

Normalität 1

“Man kann den Begriff ‘normal‘ oder ‘gesund’ auf zweierlei Weise definieren. Erstens kann vom Standpunkt einer funktionierenden Gesellschaft aus den als normal oder gesund bezeichnen, der imstande ist, die ihm zufallende Rolle in der betreffenden Gesellschaft zu erfüllen. … Zweitens verstehen wir vom Standpunkt des Individuums aus unter Gesundheit und Normalität ein Optimum an Wachstum und Glück.

Wenn eine bestimmte Gesellschaft so strukturiert wäre, daß sie dem einzelnen eine optimale Möglichkeit zu seinem Glück böte, so würden beide Standpunkte sich decken. In den meisten uns bekannten Gesellschaften … ist das jedoch nicht der Fall. … Wir müssen daher scharf zwischen beiden Auffassungen von ‘Gesundheit’ unterscheiden. … Leider wird diese Unterscheidung oft nicht gemacht. Für die meisten Psychiater ist die Struktur ihrer Gesellschaft etwas … Selbstverständliches … .

[Als] Neurotiker … [kann man] einen Menschen charakterisieren, der nicht bereit ist, im Kampf um sein Selbst völlig die Waffen zu strecken … Vom Standpunkt der menschlichen Werte aus [ist er] weniger verkrüppelt als der Normale, der seine Individualität völlig eingebüßt hat. …”

aus: Erich Fromm: Die Furcht vor der Freiheit. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt 1980 (US-amerik. Originalausgabe 1947), S. 113/114.

Abb.: Maria Indriasari: Trapped in A Form 1, 2012, indoartnow, im Internet.

02/18

07/02/2018 (1:00) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Mickey Mouse

“Wie groß die Angst des Durchschnittsmenschen in Amerika ist und wie stark er vom Gefühl seiner Bedeutungslosigkeit erfüllt ist, geht deutlich aus der Beliebtheit der Mickey-Mouse-Filme hervor, die alle … das gleiche Thema haben: Etwas Kleines wird von etwas überwältigend Großem verfolgt und in Gefahr gebracht, vom ihm getötet oder verschlungen zu werden. Das kleine Ding läuft weg und schließlich gelingt es ihm, dem bösen Feind zu entrinnen oder ihm sogar einen Schaden zuzufügen. …

Der Zuschauer … durchlebt … alle seine eigenen Ängste und das beklemmende Gefühl seiner Kleinheit und hat zum Schluß das tröstliche Gefühl, daß er trotz allem gerettet werden, da sogar den starken Feind besiegen wird. Das Traurige und Bedeutsame an diesem ‘Happy End’ ist nur, daß er meist dadurch gerettet wird, daß er die Flucht ergreift und daß zufällig Umstände eintreten, die es dem Ungeheuer unmöglich machen, ihn zu erwischen …”

aus: Erich Fromm: Die Furcht vor der Freiheit. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt 1980 (US-amerik. Originalausgabe 1947), S. 109/110.

Abb.: Arkiv Vilmansa: Libertine, 2015, indoartnow, im Internet.

02/18

07/02/2018 (0:47) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Selbstsucht

“Wie kann man es miteinander in Einklang bringen, daß [der Mensch sich] objektiv gesehen … in den Dienst von Zielen stellt, die nicht die seinen sind [Gott, dem Kapital …], und trotzdem subjektiv der Meinung ist, er diene seinem Selbstinteresse? Wie kann man den Geist des Protestantismus und dessen Forderung der Selbstlosigkeit mit der modernen Doktrin des Egoismus vereinbaren, der nach Machiavelli der stärkste Antrieb des Menschen ist, stärker als alle moralischen Erwägungen …?

Die den Gedanken von Luther und Calvin wie auch von Kant und Freud zugrunde liegende Annahme ist, daß die Selbstsucht mit der Selbstliebe identisch sei. … die Liebe zu anderen und die Liebe zu sich selbst [schlössen sich] gegenseitig aus.

Wir begegnen hier einem theoretischen Trugschluß in Bezug auf das Wesen der Liebe. Die Liebe wird nicht primär durch ein bestimmtes Objekt ‘hervorgerufen’, sondern es handelt sich dabei um eine im Menschen bereitliegende Eigenschaft … Haß ist der leidenschaftliche Wunsch zu zerstören; Liebe ist eine leidenschaftliche Bejahung …, ein tätiges Streben … [dessen] Ziel das Glück, das Wachstum und die Freiheit ihres Objektes ist. …

Die Liebe zu einer bestimmten Person impliziert die Liebe zum Menschen als solchem. …

Selbstsucht ist nicht dasselbe wir Selbstliebe, sondern deren genaues Gegenteil. Selbstsucht ist eine Art Gier. … Wer sich nicht leiden kann … besitzt nicht die innere Sicherheit, die nur auf dem Boden einer echten Liebe zu sich selbst und der Bejahung der eigenen Person gedeihen kann. Er muß sich ständig mit sich [selbst] beschäftigen voller Gier, alles für sich zu bekommen, da er von Grund auf unsicher und unbefriedigt ist. …”

aus: Erich Fromm: Die Furcht vor der Freiheit. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt 1980 (US-amerik. Originalausgabe 1947), S. 95-97.

Abb.: Dawn Woolley: Host Figures (The Live) 2019 (Detail: Host Figure 1), im Internet.

02/18

07/02/2018 (0:38) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

Pflichtgefühl

“Das sogenannte Pflichtgefühl …, wie es von der Reformation bis heute in seinen religiösen und weltlichen Rationalisierungen das gesamte Leben der Menschen durchdringt, ist stark von Feindseligkeit gegen die eigene Person gefärbt. Das ‘Gewissen’ ist ein Sklaventreiber, den der Mensch in sich selbst aufgenommen hat. Es stachelt ihn an zu Wünschen und Zielen, von denen der Betroffene glaubt, es seien seine eigenen, während es sich tatsächlich um die Internalisierung äußerer, gesellschaftlicher Anforderungen handelt. Es treibt ihn barsch und grausam voran, verbietet ihm jedes Vergnügen und alles Glück und macht sein ganzes Leben zu einer Bußübung für eine mysteriöse Sünde. …

Die Feindseligkeit, in der diese moderne Art der Demut und des Pflichtgefühls wurzelt, erklärt auch einen sonst ziemlich unerklärlichen Widerspruch, daß nämlich eine derartige Demut mit der Verachtung anderer Menschen Hand in Hand geht und daß die Selbstgerechtigkeit tatsächlich die Liebe und das Erbarmen verdrängt hat. Bei echter Demut und echtem Pflichtgefühl seinen Mitmenschen gegenüber wäre das unmöglich. Aber diese Selbstdemütigung und dieses das Selbst negierende ‘Gewissen’ bildet nur die eine Seite einer Feindseligkeit, deren andere Seite die Verachtung der anderen und der Haß gegen sie sind.”

aus: Erich Fromm: Die Furcht vor der Freiheit. Frankfurt am Main: Europäische Verlagsanstalt 1980 (US-amerik. Originalausgabe 1947), S. 82.

02/18

01/02/2018 (16:44) Schlagworte: DE,Lesebuch ::