MALTE WOYDT

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Katholizismus

Die wichtigste Kulturgrenze, die Westeuropa durchschneidet, dürfte die zwischen katholischen und protestantischen Ländern zu sein. Die kulturelle Prägung ist dabei entscheidend, nicht eine offizielle Mitgliedschaft in der einen oder anderen Kirche.

Deutschland hat dabei eine protestantisch dominierte Kultur, dort haben auch die Katholiken protestantische Reflexe: Warum haben deutsche Katholiken so große Probleme mit der Sexualmoral des Papstes? Italiener haben doch auch keine Probleme damit, bei der Ostermesse auf dem Petersplatz dem Papst zuzujubeln und zuhause im Bett dann doch zu machen was sie wollen?

Italiener sind echte Katholiken. Deutsche Katholiken fassen den Katholizismus dagegen protestantisch auf. Es war die Reformation, die zurückwollte zum Wort, zurück zur Bibel. Die Bibel sollte ernstgenommen werden.

Deswegen haben die Protestanten dann ihren Leuten lesen und schreiben beigebracht. Noch vor 60 Jahren hatten die protestantischen Gegenden in Europa (und in Deutschland) einen riesigen Bildungsvorsprung gegenüber den katholischen Gegenden. In katholischen Ländern versuchten die Jesuiten Eliten heranzuziehen, die mit den Eliten der protestantischen Nachbarländer mithalten konnten, aber Breitenbildung war unwichtig.

In den protestantischen Ländern begann man derweil gesellschaftliche Probleme mit geschriebenen Regeln zu lösen, wo die Leute doch sowieso schon lesen konnten… Es ist eine zutiefst protestantische Idee, die Menschen Regeln internalisieren zu lassen: Protestanten haben Rechte und Pflichten. Und weil sie denken, Rechte zu haben, hauen sie in einer Behörde auch mal auf den Tisch, um dieselben durchzusetzen.

Katholiken dagegen gehen davon aus, daß Regeln sowieso nicht bis zu Ende durchdacht sind – warum sollte man sich dann daran halten? In katholischen Kulturen sind Regeln relativ, es sein denn, sie werden mit Zwang durchgesetzt, dann ist es aber auch egal, ob der Zwang Ausdruck von Willkür oder einer Regel ist. Katholiken haben Interessen und Zwänge. Ein Katholik haut nicht auf den Tisch, um ein “Recht” zu erlangen (unter dem er sich auch gar nichts vorstellen könnte), er versucht angesichts eines Hindernisses dann halt auf einem anderen Wege seine Interessen durchzusetzen, die Extrawurst als Prinzip.

Malte Woydt

Abb.: Tahiche Diaz: Ensuennno Paseante, 2015, im Internet.

11/07

27/11/2007 (15:05) Schlagworte: DE,Notizbuch ::

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