MALTE WOYDT

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Kleinbürger 1

“‘Kleinbürger bedeutet einen ganz bestimmten Habitus geistig-seelischen Verhaltens, ein Verhaltensmuster, das wir Spießer-Ideologie benennen. … Insgesamt ist der Kleinbürger medioker und provinziell, fanatisch und brutal, engstirnig und ressentimentgeladen, aber auch ‘feinsinnig’ und ‘innerlich‘. …

Auch bei der kleinbürgerlichen ‘Elite’ ist die Mittelmäßigkeit nicht Schein – etwa propagandistische Anpassung an das Volk -, sondern Sein … – den Vorwurf der Heuchelei wird man nur selten erheben können; Lüge, Gemeinheit und Verbrechen, verlogener ‘Kunstsinn‘ und die unheimliche ‘idyllische Innerlichkeit’ sind ganz ‘wahrhaftig’. …

Kleinbürgerliches Wesen und Verhalten [haben] bei anderen Nationen nie dieses Ausmaß wie in Deutschland angenommen. …

Hitler war ein Kleinbürger, umgeben von kleinbürgerlichen Paladinen. … Man hat die Meinung vertreten, Bedeutung und Einfluß von Hitlers ‘Mein Kampf’ dürften nicht hoch eingeschätzt werden, da das Buch zwar viel verbreitet, aber kaum gelesen wurde. Das mag stimmen; doch sollte man daraus eine zunächst paradox klingende Folgerung ziehen: das Buch war so erfolgreich, ohne daß es überhaupt noch gelesen werden mußte! Lebensgefühl und Weltanschauung eines Großteils der deutschen Bevölkerung stimmten mit dem überein, was in ‘Mein Kampf’ dargeboten und propagiert wurde. …

Hitler besaß die Genialität des Mittelmäßigen; seine Durchschnittlichkeit war überdurchschnittlich; so wurde seine Mediokrität zum Schicksal eines Volkes, das sich Schritt um Schritt von Theorie und Praxis der Humanität hatte abbringen lassen.”

aus: Hermann Glaser: Spießer-Ideologie. Freiburg i.Br.: Rombach 1964, S.11-17.

Abb.: Sigmar Polke: Schweineschlachten (Wir Kleinbürger), 1976, hier Hamburger Kunsthalle, im Internet.

08/10/2007 (11:24) Schlagworte: DE,Lesebuch ::

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